Die Asseburg

Die Geschichte der Burg und ihres Erbauers, Gunzelin von Wolfenbüttel

 

 

Vorwort des Vorsitzenden des Kulturstadt Wolfenbüttel e.V., Prof. Dr. Christoph Helm

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die hier vorgelegte verbesserte zweite Auflage des Buches „Die Asseburg. Die Geschichte der Burg und ihres Erbauers, Gunzelin von Wolfenbüttel“ ist das erste sichtbare Ergebnis der Kooperation, zu der sich der Kulturstadtverein Wolfenbüttel und der Heimat und Verkehrsverein Asse (HVA) in diesem Jahr zusammengefunden haben. Schon durch den Titel dieses Buches wird mit den beiden Bezeichnungen „Asseburg“ und „Wolfenbüttel“ angedeutet, dass beiderseitige innere Verbindungen vorliegen, die sich auf die geografische Lage, das gleiche historische Schicksal und ganz enge verwandtschaftliche Beziehungen der Gründerfamilie der Asseburg und der Wasserburg Wolfenbüttel beziehen.
So ist es ein wunderbares Zeichen, dass durch die naheliegende Zusammenarbeit beider Vereine im Zusammenwirken mit dem Ostfalia Verlag in Osterwieck ein überarbeiteter textlicher Beleg dieser vielfältigen Verbundenheit erarbeitet werden konnte, der die Charakteristika unserer Region hervorhebt und ihre Bezüge und Verbindungen zur deutschen und europäischen Geschichte aufzeigt.

Im norddeutschen Bördeland liegend ist unsere Region naturräumlich Teil des ostbraunschweigischen Hügellandes, das von der im Oberharz entspringenden Oker durchflossen wird und nach Osten durch den Höhenzug der Asse (234m) charakterisiert ist . Zudem war sie wichtiges Verbindungsglied zwischen den durch den Verlauf der Oker begrenzten Bistümern Hildesheim und Halberstadt, da die alte Mindener Heerstraße aus Hildesheim über Adersheim kommend hier die Okerniederung in Richtung Osten querte und als frühmittelalterliche Heerstraßenverbindung in Richtung Halberstadt ihren Weg fortsetzte. Der Urgroßvater von Gunzelin I, des Erbauers der Asseburg, ist jener „Widekindus de Wlferesbutle“, der in der Abschrift einer Urkunde des Bischofs Reinhard von Halberstadt als Zeuge einer am 13.11.1118 vorgenommenen Weihe der Pfarrkirche im heutigen Wolfenbütteler Ortsteil Linden aufgeführt ist, die dem Stift Steterburg bestätigt wird . Die erstmalige Erwähnung des Ortsnamens Wolfenbüttel im Jahr 1118 ist also mit dem Geschlecht der späteren „Herren von der Asseburg“ untrennbar verbunden. Wenngleich die erstmalige schriftliche Erwähnung der Burg Wolfenbüttel erst aus dem Jahr 1192 datiert, können wir annehmen, dass der aus einem Ministerialengeschlecht stammende Widukind Herr der Wasserburg von Wolfenbüttel war, die die nahe gelegene Okerquerung der Heerstraße nach Halberstadt sicherte. Ihren Höhepunkt erreichte diese Ministerialenfamilie mit Widekindus Urenkel Gunzelin I von Wolfenbüttel und Peine (ca. 1170-1254) der als Reichstruchsess unter den Kaisern Otto IV und Friedrich II wirkte und um 1218 mit dem Bau der Asseburg begann.
Schon weit vor den Jahren 1118 und 1218 war das Schicksal Wolfenbüttels und der Asse in historischer Gemeinschaft verbunden, da unsere Region im frühen 10. Jahrhundert wie das Sachsenland insgesamt von jährlichen Ungarneinfällen heimgesucht wurde, gegen die durch die Könige Heinrich I und seinen Sohn Otto I durch gezielten Burgenbau Abwehrmaßnahmen eingeleitet wurden. Reminiszenzen dieser Kämpfe bilden möglicherweise die auf dem Damme in der Nähe der Wasserburg von Wolfenbüttel nachgewiesenen Kapellen des Heiligen Longinus und des Heiligen Laurentius, die auf den Sieg König Heinrichs I bei Riade am 15. März 933, dem Namenstag des Heiligen Longinus, und den Sieg König Ottos I in der Lechfeldschlacht am 10. August 955, dem Namenstag des heiligen Laurentius von Rom Bezug nehmen. Demzufolge könnte die Errichtung der Burg von Wolfenbüttel im 10. Jahrhundert im Rahmen der Anlage von Sicherungsbauten durch die ersten Ottonen erfolgt sein. Wolfgang Meibeyer hat in seinem Rathausvortrag am 4.9.2018 „Auf dem Weg zur herzoglichen Residenz. Wolfenbüttel im Mittelalter“ anläßlich des 900. Stadtgeburtstags Wolfenbüttels in eindrucksvoller Weise diese Zusammenhänge der frühen Entstehungsgeschichte deutlich gemacht, die nun als communis opinio gelten können. Für die frühesten Anfänge Wolfenbüttels geht er zu Recht von einer gemäß der Burgenbauordnung König Heinrichs I nach 926 erfolgten Errichtung einer Sicherungsburg an der Okerquerung aus, die mit einer dörflichen Siedlung von Wehrbauern verbunden war. Der Name des Dorfes sowie der Sicherungsburg geht dann auf einen Wulfheri zurück, durch den im frühen 10. Jahrhundert im Auftrage der mit den Ottonen verbundenen Brunonen, einer der angesehensten Adelsfamilien Ostfalens, die Anlage dieser Siedlung erfolgte. Wann dann später der Wechsel der Belehnung und die Übertragung auf die Familie des 1118 erstmalig erwähnten Widekindus erfolgte, dessen Geschlecht sich später „von der Asseburg“ nannte, ist nicht ersichtlich. Über fünf Generationen hinweg (Widekindus, Burchard I, Ekbert I, Gunzelin I, Burchard III) war diese Familie in unserer Region vorherrschend und erlangte zunehmend auch bedeutenden Einfluss auf die Reichspolitik unter den Saliern, Welfen und dem Staufer Friedrich II. Ihre Herrschaft in unserer Region endete nahezu zeitgleich in Wolfenbüttel und in der Asseburg.

Nach dem Sturz der Kaiserfamilie der Staufer 1254 und mit Beginn des Interregnums (1254-73), der sogenannten kaiserlosen Zeit, war es das beherrschende Interesse der Territorialfürsten, der domini terrae, eine königsgleiche Stellung in ihrem Herrschaftsgebiet zu erlangen, Regalien an sich zu ziehen und konkurrierende Adelsfamilien auszuschalten, um ein einheitliches Besitztum in ihrem staatlichen Gebilde zu schaffen. So ist es kein Zufall, dass sofort nach Eintritt des Interregnums 1255 die Belagerung der Wasserburg zu Wolfenbüttel durch Truppen des welfischen Herzogs eingeleitet wurde, die am 22. Juli 1255 mit Eroberung und der völligen Zerstörung der Burg endete.

Nach dem Neuaufbau der Wasserburg durch die Welfen erfolgte hier sukzessive die Ausgestaltung Wolfenbüttels zum Wohn- und Regierungssitz der Herzogsfamilie mit ihrer dauerhaften Präsenz von 1432 bis 1753.

Nur kurze Zeit nach der Zerstörung der Wasserburg Wolfenbüttel beginnt auch die Belagerung der Asseburg, die sich über drei Jahre bis 1258 hinzieht. Aber anders als in Wolfenbüttel kommt es hier zu einem Kompromiss, der die Asseburg unversehrt lässt, ihre Besitzer aber für immer ihres Stammsitzes beraubt und aus der Region verdrängt. Nach kurzer Zeit gemeinsamer Herrschaft unter den welfischen Herzögen in den Jahren 1258-1331 und 1392-1406 trennen sich dann endgültig die Schicksale der Wasserburg Wolfenbüttel und der Asseburg, die ab 1406 auf Dauer in den Besitz der Stadt Braunschweig gelangt. Der Rest ist traurig und bekannt. Die fortwährenden Auseinandersetzungen der aufständischen Stadt Braunschweig mit den welfischen Landesherren führen 1492 zur Aufgabe der Asseburg, die in einem Akt der verbrannten Erde von den abziehenden städtischen Truppen Braunschweigs als Ruine hinterlassen und trotz vertraglicher Verpflichtungen später nicht wieder aufgebaut wird. Uns soll heute der gemeinsame Wille einen, der Erinnerung an die Herren von Wolfenbüttel und der Asseburg einen gebührenden Rahmen zu schaffen und die durch sie verkörperte Tradition für eine kommende Generation erlebbar zu gestalten.

Die zweite Auflage des Buches „Die Asseburg“ können Sie nun direkt bei uns bestellen. Der Preis beträgt 14,90 € zzgl. Versandkosten.

 

Bericht in der Braunschweiger Zeitung vom 28.10.2022

 

Bericht im Wolfenbütteler Schaufenster vom 30.10.2022